Staatskunst

Neulich hatte ich einen Anruf in Abwesenheit auf meinem Smartphone. Der Bildschirm zeigte die Nummer von Frank-Walters Büro.

Am nächsten Tag rief ich zurück, aber es war Freitag und der Nachmittag bereits ein fortgeschrittener – jedenfalls nahm niemand ab. Kurz dachte ich bei mir, dass das früher nicht vorgekommen wäre, zu jener Zeit, in der Frank-Walter noch im Außenministerium arbeitete. Doch ich sprach diesen Gedanken nicht aus, als mich das Band aufforderte, eine Nachricht zu hinterlassen - höflich und wenig nachdrücklich, vielmehr aus einem gewissen Pflichtbewusstsein heraus oder aufgrund längst überholter Traditionen.

»Hallo Frank-Walter. Hier spricht Michael, ich wollte zurückrufen. Und jetzt das: Mailbox. Meldet euch doch einfach nochmal bei mir, wenn was ist. Ade!«

Vielleicht ist ja auch gar nichts, dachte ich bei mir. Oder ich versuche ich es mal bei den Österreichern. Dort hat das mit der Staatskunst ja noch einen ganz anderen, nämlich viel höheren Stellenwert.


© 2022 Michael Walch. Alle Rechte vorbehalten. | Up